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  • Die überraschend schönen Seiten einer Psychiatrie-Praxis*

    Wenn hier von den „schönen Seiten“ einer psychiatrischen Praxis die Rede ist, meine ich nicht die Möbel, Wandfarben oder die Anordnung der Stühle – auch wenn eine angenehme Umgebung durchaus helfen kann. „Schön“ meint hier etwas Tieferes: Momente, in denen man spürt, dass etwas Gutes passiert. Augenblicke, in denen Verständnis entsteht, Hoffnung aufblüht und das Gefühl wächst: Hier bin ich mit meinem Erleben nicht falsch. *natürlich sind hier auch Praxen psychologischer Therapeut:innen gemeint Vorurteile und Wirklichkeit – warum Psychiatrie oft falsch verstanden wird Viele Menschen verbinden Psychiatrie mit Schwere, Endstation oder gar Bedrohung. Bilder aus Filmen und Schlagzeilen prägen das, was wir zu wissen glauben. Die Wirklichkeit sieht jedoch oft ganz anders aus: Eine psychiatrische Praxis ist in erster Linie ein Ort, an dem Menschen ein Stück Last ablegen können. Hier geht es nicht um Abgrenzung, sondern um Annahme. Das Überraschende: Wer einmal den Schritt hineingewagt hat, erlebt oft weniger Distanz und mehr Wärme, als er erwartet hätte. Begegnungen, die tragen – die Kraft menschlicher Verbindung Das Herzstück einer psychiatrischen Praxis sind nicht die Diagnosen oder Medikamente – sondern die Begegnungen. Es sind die Momente, in denen ein Blick sagt: Ich verstehe dich. Es sind die Gespräche, die nicht nur analysieren, sondern zuhören. Manche Patient:innen berichten, dass allein das Gefühl, ernst genommen zu werden, schon eine erste Entlastung bringt. Die Begegnung auf Augenhöhe – egal, ob mit Ärzt:in, Therapeut:in oder Mitpatient:in – kann tragen, wenn sonst nichts mehr trägt. Ein Raum für echte Geschichten – nicht nur für Diagnosen In einer guten psychiatrischen Praxis ist der Mensch mehr als seine Symptome. Hier ist Raum für die ganze Geschichte – für die Verletzungen, aber auch für die Ressourcen. Es geht nicht nur um „Was stimmt nicht?“, sondern auch um „Was hat Sie bisher getragen?“ und „Was ist Ihnen wichtig?“. Diese Art des Zuhörens kann das Selbstbild verändern. Plötzlich sieht man nicht nur die eigenen Schwächen, sondern auch die Stärke, die man bisher vielleicht gar nicht bemerkt hat. Wenn Hoffnung wieder Wurzeln schlägt Hoffnung wächst oft im Verborgenen. In einer psychiatrischen Praxis kann sie wieder sichtbar werden. Manchmal ist es ein Satz, der hängen bleibt: „Das können wir gemeinsam schaffen.“ Manchmal ist es eine kleine Veränderung – ein besserer Schlaf, ein Tag mit weniger Angst. Und manchmal ist es einfach das Wissen: Ich bin nicht allein mit dem, was mich belastet. Solche Momente sind nicht spektakulär, aber sie sind hilfreich – und für viele Patient:innen der Anfang einer besseren Phase. Unerwartete Entdeckungen – was Patient:innen oft überrascht Viele Menschen kommen mit dem Gefühl: Ich weiss nicht, ob das hier überhaupt helfen kann. Und gehen mit der Erfahrung: Es hat etwas in Bewegung gebracht. Oft sind es die kleinen, unscheinbaren Dinge – ein Gedanke, der hängen bleibt, ein Blickwinkel, der sich verschiebt, ein Satz, der Mut macht. Manchmal entdeckt man in einer Therapiesitzung auch eine Fähigkeit, von der man nicht wusste, dass man sie hat – wie das eigene Durchhaltevermögen oder die Fähigkeit, anderen beizustehen. Diese Entdeckungen sind vielleicht das Schönste an einer psychiatrischen Praxis: Sie zeigen, dass Heilung nicht nur bedeutet, weniger Symptome zu haben, sondern mehr Leben zu spüren. Fazit Eine psychiatrische Praxis ist kein Ort, an dem nur „Probleme besprochen“ werden. Sie kann ein Raum sein, in dem Menschen sich gesehen, verstanden und gestärkt fühlen – ein Ort, der hilft, wieder Boden unter den Füssen zu finden. „Schön“ ist hier nicht das Offensichtliche, sondern das Tiefe: Begegnungen, Hoffnung, Entdeckungen. Wer das erlebt, sieht Psychiatrie nicht mehr als letzte Station, sondern als Wegweiser zu einem besseren Leben. FAQs – Häufige Fragen aus Patient:innensicht 1. Ist Psychiatrie nur für schwere psychische Erkrankungen? Nein, sie kann bei allen psychischen Belastungen helfen – ob leicht oder schwer. 2. Muss ich mich sofort auf Medikamente einstellen? Nein. Oft stehen Gespräche und andere Therapieformen im Vordergrund. Manchmal wird aber auch ein Medikament - zusätzlich - empfohlen. 3. Was, wenn ich mich unwohl fühle? Sie haben jederzeit das Recht, Behandler:innen zu wechseln oder andere Angebote zu nutzen. 4. Kann ich eine Begleitperson mitbringen? In vielen Praxen ist das möglich, besonders beim Erstgespräch. 5. Wie lange dauert es, bis sich etwas verändert? Das ist individuell sehr unterschiedlich – manchmal wenige Wochen, manchmal länger. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Warum wir in Krisen oft die besten Entscheidungen treffen - und manchmal die schlechtesten

    Wenn Klarheit und Chaos dicht beieinander liegen Es gibt Momente, da sind wir in Krisen erstaunlich handlungsfähig. Das Büro brennt, der Feueralarm heult, und plötzlich funktionieren Dinge wie von selbst: Menschen reagieren schnell, klar, zielgerichtet. Einer organisiert die Flucht, eine andere beruhigt die Kollegen, jemand trägt gleichzeitig Laptops, Kaffee und die Praktikantin hinaus. Alles wirkt wie von einem unsichtbaren Drehbuch gesteuert. Und dann gibt es die andere Sorte Krise: die stillen, inneren. Mitten in der Nacht, kein Feuer, kein Rauch, aber im Kopf Alarmstufe Rot. Auf einmal erscheint es völlig vernünftig, am nächsten Morgen zu kündigen, nach Australien auszuwandern oder gleich ein völlig neues Leben zu beginnen. Manche Patient:innen berichten, dass ihre Nächte sich anfühlen wie endlose Krisensitzungen im Kopf – nur leider ohne Protokoll und ohne klaren Ausgang. Beide Situationen haben etwas gemeinsam: Das Gehirn steht unter Stress. Aber während wir in akuten Gefahren oft überraschend gute Entscheidungen treffen, verirren wir uns bei seelischem Druck manchmal in haarsträubende Gedankengänge. Zwischen Regen und Richtungswahl: Welche Entscheidung führt aus dem Sturm? Was in der Krise im Gehirn passiert Damit Sie verstehen, warum wir mal Helden und mal Chaos-Manager unserer eigenen Psyche sind, lohnt wieder einmal ein Blick ins Gehirn. Die Amygdala – eine kleine Struktur tief im Inneren – ist so etwas wie unser innerer Alarmknopf. Sie registriert Gefahr in Bruchteilen von Sekunden und aktiviert das Stresssystem. Herzschlag, Muskelspannung, Adrenalin – alles fährt hoch. Evolutionär war das überlebensnotwendig: Wer vor dem Säbelzahntiger lange überlegte, war schnell Geschichte. Das Gegenstück ist der Präfrontalkortex , die „Chefetage“ unseres Gehirns. Hier sitzen Vernunft, Planung und Weitblick. Unter normalen Umständen trifft er unsere wichtigen Entscheidungen. Doch unter Stress hat er ein Problem: Er wird von der Amygdala oft übertönt. In echten Gefahrensituationen ist das sogar sinnvoll – doch in inneren Krisen sorgt es für Chaos. Wann Stress uns zu Höchstleistungen bringt Viele Patient:innen berichten, dass sie in akuten Notlagen „wie automatisch“ richtig gehandelt haben. Dieses Phänomen ist gut untersucht: Prioritäten schrumpfen auf das Wesentliche. Wenn es ums Überleben geht, wird die To-do-Liste radikal gekürzt. Statt über Kleinigkeiten nachzudenken, konzentriert sich das Gehirn auf die eine wichtige Entscheidung: Z. B. Weglaufen. Die Intuition arbeitet auf Hochtouren. Intuition ist nichts Mystisches, sondern gespeicherte Erfahrung. Unser Gehirn erkennt Muster blitzschnell und greift auf „Abkürzungen“ zurück, die oft erstaunlich präzise sind. Tunnelblick kann hilfreich sein. Normalerweise ist ein Tunnelblick eher hinderlich. Aber in einer echten Krise blendet er Ablenkungen aus und richtet den Fokus nach vorne, auf das Wesentliche. So erklären sich diese Momente, in denen Menschen plötzlich über sich hinauswachsen – sei es bei einem Unfall, in einer medizinischen Notlage oder im Alltag, wenn etwas wirklich Wichtiges auf dem Spiel steht. Warum uns dieselben Mechanismen in die Irre führen können Das Problem: Nicht jede Krise ist eine Frage von Leben und Tod. Psychische Krisen, wie Grübeln, Überforderung oder Konflikte, aktivieren das gleiche Alarmsystem – ohne dass eine echte Gefahr besteht. Die Folge: Wir reagieren impulsiv und unüberlegt. Kleinere Probleme werden zu Katastrophen hochskaliert. Oder wir erleben einen Blackout – wie bei Prüfungsangst, wenn plötzlich alles Gelernte verschwunden scheint. Besonders nachts zeigt sich dieses Muster. Während die Amygdala erstaunlich wach ist, ist der rationale Präfrontalkortex im Ruhemodus. Mit anderen Worten: Das Alarmsystem ist aktiv, die Vernunft hat Feierabend. Kein Wunder also, dass nächtliche Entscheidungen selten die besten sind. Psychotherapeutische Sicht: Echte Gefahr vs. seelischer Alarm In der Praxis begegnet mir - sinngemäss - oft folgender Satz: „Wenn’s wirklich brennt, bin ich klar. Aber bei inneren Konflikten fühle ich mich völlig verloren.“ Das spiegelt genau die Dynamik wider: In echten Gefahren kann man sich auf viele automatische Reaktionen erstaunlich gut verlassen. In seelischen Krisen aber hilft es, das Stresssystem zu entlarven und ihm nicht blind zu folgen. Psychotherapie kann hier unterstützen: Sie hilft dabei, den Unterschied zwischen „echtem Feuer“ und „Feuer im Kopf“ zu erkennen. Denn während es im Büro sinnvoll ist, sofort loszurennen, ist es bei Beziehungsfragen oder Jobentscheidungen meistens schlauer, die Dinge zu sortieren. Praktische Strategien für bessere Entscheidungen Die gute Nachricht: Wir sind unseren Stressreaktionen nicht völlig ausgeliefert. Ein paar kleine Strategien können helfen, das Chaos im Kopf zu ordnen: Die 24-Stunden-Regel: Wichtige Entscheidungen nicht nachts und nicht im Hochstress treffen, sondern auf den nächsten Tag verschieben. Bewusstes Atmen: Schon ein paar tiefe Atemzüge können das Stresssystem dämpfen und den Präfrontalkortex wieder „aufschalten“. Gedanken parken: Wer nachts grübelnd wachliegt, kann Gedanken aufschreiben. Das entlastet den Kopf, ohne sofort eine Entscheidung erzwingen zu müssen. Mini-Pausen: Bei Streit oder Überforderung lohnt es sich, kurz aus der Situation zu gehen, bevor man reagiert. Helfen kann auch, bis 100 zu zählen, bevor man sich äussert. Hilfe annehmen: Wenn Krisen chronisch werden, kann professionelle Unterstützung helfen, Muster zu durchbrechen. Und zum Schluss noch ein bildhafter Vergleich Unser Gehirn ist wie ein Auto mit zwei Fahrern. Die Amygdala ist der Rallyefahrer – schnell, impulsiv, risikofreudig. Der Präfrontalkortex ist der Fahrlehrer – bedacht, regelbewusst, vernünftig. In echten Krisen ist es wunderbar, wenn der Rallyefahrer übernimmt. Aber sobald es nur um nächtliches Grübeln oder Alltagsprobleme geht, sollte man lieber den Fahrlehrer ans Steuer lassen. Oder, noch einfacher: Grosse Lebensentscheidungen trifft man besser bei Tageslicht – und möglichst nicht nach 22 Uhr. Denn da macht das Gehirn gern Überstunden, aber nicht unbedingt die produktivsten. Fazit Krisen bringen das Beste und das Schlechteste in uns hervor. Wir können darin ungeahnte Kräfte mobilisieren – oder uns hoffnungslos im Gedankenlabyrinth verirren. Wer die Mechanismen kennt, kann lernen, die Klarheit der einen Seite zu nutzen und die Fallen der anderen zu umgehen. Und manchmal hilft schon ein kleiner Aufschub, eine kurze Atemübung oder ein guter therapeutischer Dialog, um die Chefetage im Gehirn wieder ans Ruder zu holen. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Wie läuft eine Behandlung beim Psychiater ab? Ein Blick hinter die Kulissen

    Für viele klingt das Wort „Psychiater“  erst mal nach schweren Teppichen, düsterem Blick und einer Couch, auf der man stundenlang über die Kindheit reden muss. Spoiler: In Wirklichkeit ist es deutlich unspektakulärer – und vor allem hilfreicher, als Sie denken. Wer oder was ist ein Psychiater überhaupt?   Ein Psychiater  ist ein Facharzt für seelische Gesundheit – quasi ein Arzt fürs Innere. Der Unterschied zu einem Psychologen: Psychiater sind Ärzte, haben also Medizin studiert und können auch Medikamente verschreiben. Behandelt werden Depressionen , Angststörungen , Bipolare Störungen , Psychosen  und viele andere seelische Belastungen – alles, was einen mental aus der Balance bringen kann. Der erste Termin: Ankommen, erzählen, verstehen   Der erste Termin ist vor allem eines: ein Gespräch auf Augenhöhe . Bei mir dauert das Erstgespräch rund 90 Minuten  – genug Zeit, um sich in Ruhe kennenzulernen. Anamnese:  Ich stelle Fragen zu Ihren aktuellen Beschwerden, Ihrem Alltag, Ihrer Lebensgeschichte und möglichen körperlichen Erkrankungen. Keine Sorge, Sie müssen keinen perfekten Vortrag halten – das ist mein Job, Sie durch die Fragen zu führen. Symptomerfassung:  Wir besprechen, wann und wie Ihre Beschwerden auftreten, wie stark sie sind, und nutzen bei Bedarf Fragebögen, um das Ganze besser einzuordnen. Das hilft auch später, den Fortschritt zu messen. Behandlungsplan:  Auf Basis der Diagnose schauen wir gemeinsam, welche Therapieformen passen könnten. Das kann eine Psychotherapie  sein, manchmal ergänzt um eine Medikation. Reine „Pillenlösungen“ sind selten und auch nicht mein Ziel. Keine Sorge - hier wird nicht geurteilt Ein guter Psychiater hört zu, drängt nicht und bewertet nicht. Es gibt keine „falschen“ Antworten und kein moralisches Urteil darüber, was Sie fühlen. Mein Job ist es, gemeinsam mit Ihnen den Weg zu mehr Stabilität und Lebensqualität zu finden. Medikamente - ohne Mythen Falls Medikamente Teil der Behandlung sind, erkläre ich Ihnen genau, welche Optionen es gibt, wie sie wirken und welche Nebenwirkungen auftreten könnten. Es geht nicht  darum, schnell etwas zu verschreiben, sondern gezielt zu unterstützen – so, dass Sie z. B. wieder mehr Energie und Freude im Alltag spüren. Wie es danach weitergeht   Regelmässige Termine:  Wir überprüfen gemeinsam, wie es Ihnen geht, arbeiten an Ihren Themen und passen die Behandlung bei Bedarf an. Typischerweise sind auch kleine "Hausaufgaben", z. B. Verhaltensexperimente, Teil der Behandlung. Psychotherapie:  Häufig empfehle ich Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) , oft kombiniert mit Elementen aus der Klärungsorientierten Psychotherapie . Wenn es Sinn macht, erfolgt auch eine Überweisung an spezialisierte Kolleginnen und Kollegen. Häufige Sorgen - und warum Sie sich entspannen können „Was, wenn ich nicht weiss, was ich sagen soll?“  Kein Problem – ich stelle Fragen, Sie antworten, so einfach ist das :-). „Muss ich sofort Medikamente nehmen?“  Nein. Medikamente sind nur eine Option – und die Entscheidung treffen wir gemeinsam. „Was, wenn ich mich schäme?“  Es gibt keinen Grund zur Scham – psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche Gesundheit. Fazit: Ein Schritt in Richtung Gesundheit   Ein Termin beim Psychiater ist kein Sprung ins Ungewisse, sondern ein Schritt in Richtung Klarheit, Stabilität und Lebensfreude . Sie bringen Ihr Anliegen mit – und wir schauen gemeinsam, wie Sie wieder in Balance kommen. Also: Keine Panik vor dem ersten Besuch! Manchmal braucht es einfach jemanden, der mit Ihnen das innere Chaos sortiert – und genau dafür sind Psychiater da. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) - was ist das?

    Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Wenn neue Denkmuster das Leben leichter machen Stellen Sie sich vor, Ihr Kopf ist wie ein DJ. Er legt ständig "Gedanken-Platten" auf – mal harmonische Melodien, mal nervige Ohrwürmer. Manche Tracks motivieren Sie, andere ziehen Sie runter. Und jetzt die gute Nachricht: Sie können dem DJ sagen, was er spielen soll. Willkommen in der Welt der KVT! Was ist KVT eigentlich?   KVT ist eine wissenschaftlich fundierte Therapieform , die sich damit beschäftigt, wie unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen miteinander verbunden sind. Die Idee dahinter ist einfach: Was Sie denken, beeinflusst, wie Sie sich fühlen und wie Sie handeln. Wenn Sie also lernen, belastende Gedanken zu erkennen und zu verändern, können Sie auch Ihr emotionales Wohlbefinden positiv beeinflussen. Ein Beispiel gefällig? Stellen Sie sich vor, Sie haben einen wichtigen Vortrag und denken: „Das wird eine Katastrophe! Ich blamiere mich total!“ Dieser Gedanke sorgt dafür, dass Sie nervös werden, ins Schwitzen geraten und vielleicht sogar zittern. Der Gedanke selbst ist wie der Dirigent des Stresses – aber was, wenn er falsch liegt? Was, wenn Sie sich genauso gut auf den Gedanken fokussieren könnten: „Ich bin gut vorbereitet und werde das schaffen.“ Die Nervosität würde sinken, das Selbstvertrauen steigen. Klingt doch verlockend, oder? Wie funktioniert das in der Praxis?   In der KVT lernen Sie, gedankliche Muster zu hinterfragen und zu verändern. Das geht in mehreren Schritten:   Gedanken erkennen: Was genau denken Sie in stressigen Momenten?   Bewerten: Sind diese Gedanken wirklich wahr oder vielleicht nur alte Gewohnheiten/Automatismen?   Verändern: Gibt es realistischere, hilfreichere Gedanken?   Dazu kommen oft noch praktische Übungen, die Sie darin unterstützen, neue Verhaltensweisen zu testen. Haben Sie z. B. Angst vor sozialen Situationen? Dann könnte Ihr Therapeut Sie ermutigen, Schritt für Schritt genau diese Situationen zu meistern – und zwar so lange, bis sie ihren Schrecken verlieren. Ein Werkzeugkasten fürs Leben   Das Beste an der KVT: Sie gibt Ihnen Werkzeuge an die Hand, die Sie auch nach der Therapie nutzen können. Sie lernen, Ihre Denkmuster langfristig selbst zu steuern und sich nicht mehr von negativen Gedanken dominieren zu lassen. Das ist wie ein persönliches Upgrade für Ihr mentales Betriebssystem. Für wen ist KVT geeignet?   Ob bei Angststörungen, Depressionen oder stressbedingten Beschwerden – KVT ist vielseitig einsetzbar und eine der am besten erforschten Therapieformen überhaupt. Und das Beste: Sie brauchen keine Vorkenntnisse. Alles, was zählt, ist Ihre Bereitschaft, an sich zu arbeiten. Fazit: Werden Sie Ihr eigener "Gedanken-DJ"   Kognitive Verhaltenstherapie ist kein Hokuspokus, sondern eine praktische Methode, um ein erfüllteres Leben zu führen. Sie zeigt Ihnen, wie Sie Ihren DJ im Kopf neu programmieren – und zwar auf eine Playlist, die Sie unterstützt statt runterzieht. Klingt gut? Dann könnte es sich lohnen, dieser Therapieform eine Chance zu geben. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Psychiater oder Psychologe - wer macht was?

    In der Schweiz gibt es eine ganze Reihe von Fachpersonen, die sich um Ihr psychisches Wohlbefinden kümmern. Zwei Berufsgruppen werden dabei gern mal verwechselt: Psychiater:innen und Psycholog:innen. Was ist also der Unterschied? Was macht ein Psychiater? Stellen Sie sich den Psychiater als eine Art „Hausarzt für die Seele“ vor – nur mit einem Medizinstudium plus einer Fachausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie. Wir dürfen nicht nur reden , sondern auch Tabletten verschreiben , wenn das Sinn macht. Das Spektrum reicht von Gesprächstherapie über medikamentöse Unterstützung (z. B. Antidepressiva oder Medikamente gegen Angst) bis hin zu Krisenintervention. Das Beste: Die Grundversicherung übernimmt das Ganze – kein Zusatzabo nötig. Was macht ein Psychologe? Psycholog:innen kommen aus einer anderen Ecke: Sie haben Psychologie studiert und danach eine mehrjährige psychotherapeutische Weiterbildung absolviert. Sie sind Meister:innen der Gesprächs- und Verhaltenstherapie , können aber keine Medikamente verschreiben – das dürfen in der Schweiz nur Ärzt:innen. Ihre Leistung wird ebenfalls von der Grundversicherung bezahlt – allerdings nur, wenn die Therapie von einem Arzt oder einer Ärztin verordnet wurde. Zu wem soll ich gehen? Das hängt ein bisschen davon ab, was Ihre Seele gerade so treibt . Psychiater: Wenn es um schwere Depressionen, ausgeprägte Ängste, Psychosen oder andere ernsthafte psychische Erkrankungen geht – und eventuell auch Medikamente hilfreich sein könnten. Psychologe: Wenn Sie vor allem mit Gesprächen arbeiten wollen – zum Beispiel bei Beziehungsstress, leichteren Ängsten, Stressabbau oder persönlichen Entwicklungsthemen. Oft arbeiten wir auch Hand in Hand: Ich als Psychiater kann z. B. eine medikamentöse Therapie starten und parallel an eine Psychologin verweisen, die die Gesprächstherapie übernimmt. Und wenn ich nicht weiss, wo ich anfangen soll? Dann machen Sie’s wie bei einem Zahnschmerz, bei dem Sie nicht wissen, ob’s ein Loch oder eine Zahnfleischsache ist: Gehen Sie zuerst zum Hausarzt (das sollten Sie ohnehin tun, wenn Sie im Hausarztmodell versichert sind). Der kennt Ihr Gesamtbild und weiss, an wen Sie am besten weiterverwiesen werden. Und bitte denken Sie daran: Egal ob Psychiater, Psychologe oder ein ganz anderes Fachgebiet – das Wichtigste ist, dass Sie sich Hilfe holen, wenn Sie welche brauchen . Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Gar nicht so kaputt, wie Sie denken - 7 überraschende Anzeichen, dass es Ihnen besser geht, als es vielleicht scheint

    Kennen Sie dieses Gefühl, innerlich wie ein altes Möbelstück zu sein? Ein bisschen wackelig, hier und da angekratzt, und wenn man sich zu abrupt hinsetzt, quietscht es sogar? Viele meiner Patient:innen beschreiben ihre seelische Verfassung so – als wären sie komplett „kaputt“. Doch oft stellt sich im Gespräch heraus: Sie sind gar nicht so kaputt, wie sie denken. Ja, es gibt Wunden, Brüche und schwierige Tage – aber es gibt auch eine Menge Anzeichen dafür, dass psychische Stabilität vorhanden ist. An dieser Stelle möchte ich Ihnen 7 davon vorstellen. Vielleicht werden Sie beim Lesen überrascht feststellen: „Oh, das mache ich ja auch!“ Warum wir uns oft „kaputter“ fühlen, als wir sind Bevor wir zu den Anzeichen kommen, müssen wir einen kleinen Ausflug in die Psychologie machen – genauer gesagt: in die Selbstwahrnehmung . Der innere Kritiker – ein mieser Lautsprecher Dieser innere Kommentator ist wie ein schlecht gelaunter Radiomoderator, der nur negative Nachrichten vermeldet. Er macht aus einer kleinen Unsicherheit gleich eine Katastrophe („Das hast du wieder total versaut!“) und übersieht dabei komplett Ihre Erfolge. Psychologisch betrachtet spricht man hier von kognitiven Verzerrungen : fehlerhafte Denkmuster, die unser Selbstbild trüben. Beispiele sind: Schwarz-Weiss-Denken  („Entweder perfekt oder wertlos“) Katastrophisieren  („Das geht garantiert schief“) Gedankenlesen  („Alle denken, ich bin unfähig“) Medien, Vergleiche und das „Alle anderen sind okay“-Syndrom Social Media ist das perfekte Beispiel für selektive Wahrnehmung: Wir sehen nur, was andere zeigen wollen – Urlaubsfotos, Erfolgsmeldungen, lächelnde Gesichter. Die Panikattacke am Flughafen oder das Streitgespräch vor dem romantischen Pärchenfoto bleiben unsichtbar. Kein Wunder, dass wir glauben: „Bei allen anderen läuft’s besser.“ Anzeichen 1: Sie suchen sich Hilfe und nehmen Unterstützung an Viele halten Hilfesuche für ein Zeichen von Schwäche. In Wahrheit bedeutet es: Sie übernehmen Verantwortung für Ihre mentale Gesundheit. Hilfe zu suchen – sei es in Form von Therapie, Gesprächen mit Freund:innen oder Selbsthilfegruppen – zeigt, dass Sie nicht passiv im Problem verharren. Sie sind aktiv, Sie wollen etwas verändern. Das ist das Gegenteil von „kaputt“. Eine Patientin sagte mir einmal: „Ich komme mir so schwach vor, weil ich jetzt schon den dritten Therapeuten aufsuche.“ Das ist aber wie bei einem Handwerker – manchmal muss man so lange suchen, bis es passt. Das ist nicht Zeichen von Schwäche, sondern von Beharrlichkeit. Anzeichen 2: Sie können über sich selbst lachen Humor ist psychisches Schmieröl – er macht vieles leichter. Wer sich über eigene Missgeschicke amüsieren kann, hat Abstand zu seinen Problemen. Selbstironie unterscheidet sich von Selbstabwertung: Sie sagt nicht „Ich bin wertlos“, sondern „Ich bin Mensch – und manchmal herrlich chaotisch“. Studien zeigen, dass Humor Stress reduziert, das Immunsystem stärkt und - sofern man ihn im Beisein anderer auslebt - soziale Bindungen vertieft. Ein Patient erzählte mir, wie er bei einer Präsentation aus Versehen ein falsches Dia zeigte – und es erst merkte, als das Publikum über ein Katzenfoto lachte. Statt in Panik zu verfallen, machte er einen Witz daraus. Die Präsentation wurde ein Erfolg – und er ging mit einem Plus an Selbstvertrauen nach Hause. Anzeichen 3: Sie haben funktionierende Bewältigungsstrategien Vielleicht meditieren Sie, gehen spazieren, hören Musik oder sprechen mit einer Freundin, wenn es Ihnen schlecht geht. Diese „kleinen Tricks“ sind in Wahrheit hochwirksame Coping-Strategien . Viele glauben, Strategien müssten spektakulär sein – Yoga-Retreats, Vision Boards, 30-Tage-Challenges. In Wirklichkeit zählt vor allem, was im Alltag funktioniert. Jede bewusst eingesetzte Massnahme, um sich zu stabilisieren, ist ein Zeichen von Resilienz. Anzeichen 4: Sie fühlen noch etwas – auch wenn’s weh tut Viele, die sich „kaputt“ fühlen, empfinden starke Emotionen. Das kann unangenehm sein – aber es ist ein Zeichen, dass das emotionale System funktioniert. Traurigkeit, Angst, Wut – all das sind Signale, dass Ihr Inneres aktiv ist. Emotional völlig „abgeschaltet“ zu sein, wäre hingegen ein Warnsignal, das oft bei schweren Depressionen oder Traumafolgestörungen auftritt. Gefühle sind wie nervige Verwandte: Manchmal wünscht man, sie würden nicht so oft vorbeischauen – aber wenn sie wegbleiben, macht man sich Sorgen. Anzeichen 5: Sie stellen sich Ihren Ängsten Schritt für Schritt Mut ist nicht, keine Angst zu haben – Mut ist, trotz Angst zu handeln . Viele unterschätzen die Kraft der Mikroschritte. Beispiel: Sie gehen trotz sozialer Angst in den Supermarkt – vielleicht nur für einen Liter Milch. Das ist Training für Ihr Nervensystem. Anzeichen 6: Sie sind offen für Veränderung Neugier ist ein Resilienz-Booster. Selbst wenn Selbstzweifel da sind – die Bereitschaft, Neues zu probieren, ist ein klarer Hinweis auf innere Stabilität. Psychisch stabile Menschen haben kein starres Schwarz-Weiss-Denken, sondern können flexibel reagieren. Offenheit für Neues zeigt, dass Ihr Gehirn nicht nur im „Überlebensmodus“ arbeitet, sondern auch im „Gestaltungsmodus“. Anzeichen 7: Sie können anderen Mut machen Empathie ist oft das Produkt eigener Kämpfe. Wer anderen zuhört, sie tröstet oder inspiriert, zeigt innere Stärke. Oft erkennen wir in anderen genau die Kämpfe, die wir selbst austragen – und können deshalb besonders wirksam unterstützen. Das ist keine „Therapie nebenbei“, sondern eine Fähigkeit, die tief aus Resilienz und Lebenserfahrung kommt. Wie Sie Ihre Fortschritte sichtbarer machen Führen Sie ein Fortschrittstagebuch  – kleine Erfolge aufschreiben. Feiern Sie Mini-Meilensteine  – schon ein Gespräch ohne Vermeidungsverhalten ist ein Erfolg. Vergleichen Sie sich mit Ihrem früheren Ich  – nicht mit den Hochglanzversionen anderer. Wann es trotzdem Zeit für professionelle Hilfe ist Manchmal ist es sinnvoll, Unterstützung anzunehmen, auch wenn vieles gut läuft: Wenn Selbstzweifel lähmend wirken Wenn Alltagsbewältigung dauerhaft schwerfällt Wenn emotionale Leere oder Antriebslosigkeit anhalten Frühe Hilfe ist keine Kapitulation, sondern kluge Selbstfürsorge. Fazit – Sie sind wahrscheinlich robuster, als Sie denken „Kaputt“ ist selten das passende Wort. Oft sind wir eher wie Lieblingsgegenstände: Gebrauchsspuren ja, aber voll funktionsfähig – und vielleicht gerade dadurch besonders wertvoll. FAQ – Häufige Fragen 1. Kann man psychische Stabilität messen? Ja – über psychologische Tests und Gespräche. Aber oft ist das subjektive Gefühl im Alltag der beste Indikator. 2. Bedeutet Stabilität, keine Probleme zu haben? Nein. Stabilität heisst, Probleme so zu handhaben, dass sie dich nicht vollständig aus der Bahn werfen. 3. Wie erkenne ich Rückschritte? Anhaltende Verschlechterung Ihrer Stimmung oder zunehmende Vermeidung von Aktivitäten können Hinweise sein. 4. Ist Humor immer ein Zeichen von Stärke? Nicht immer – manchmal ist er ein Schutzschild. Aber auch das kann vorübergehend hilfreich sein. 5. Kann Therapie zukünftigen Krisen vorbeugen? Ja, und das sogar sehr effektiv – wie ein mentales Fitnessstudio. 6. Was tun, wenn sich trotz Fortschritten alles schlecht anfühlt? Gefühle schwanken. Wichtig ist, dranzubleiben, Routinen zu pflegen und ggf. Hilfe zu suchen. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Dopamin - der Superstar in Ihrem Gehirn

    Stellen Sie sich vor, Dopamin ist wie der begeisterte Cheerleader in Ihrem Kopf – immer bereit, Sie anzufeuern, wenn Sie etwas Tolles erleben oder ein Ziel erreichen. Aber dieser Botenstoff kann noch mehr, als nur für gute Laune zu sorgen.   Was ist Dopamin eigentlich?   Dopamin ist ein Neurotransmitter , also ein chemischer Bote, der Nachrichten zwischen den Nervenzellen im Gehirn überträgt. Es wird oft (nicht ganz korrekt) als „ Belohnungshormon “ bezeichnet, weil es uns das Gefühl gibt, auf der Siegerstrasse zu sein – sei es nach einem Erfolg im Job, beim Essen einer leckeren Pizza oder beim Erreichen eines langersehnten Ziels. Aber Dopamin ist kein einfacher Spassmacher. Es spielt auch eine Schlüsselrolle bei:   Motivation: Es treibt uns an, aktiv zu werden und Dinge anzugehen.   Lernen: Es hilft uns, zu erkennen, was funktioniert – und was nicht.   Aufmerksamkeit: Es hält uns fokussiert und wachsam.   Wann feuert Dopamin richtig los?   Unser Gehirn schüttet Dopamin aus, wenn es etwas Angenehmes oder Belohnendes erwartet. Das kann ein gutes Essen, Bewegung, Musik oder sogar das Knacken eines Levels in einem Videospiel sein. Allein schon die Vorfreude auf die Belohnung sorgt für einen Dopamin-Kick – manchmal sogar stärker als die Belohnung selbst!   Die „ dunkle Seite “ des Dopamins So wunderbar Dopamin auch klingt, es hat auch seine Tücken. Wenn wir ständig nach dem nächsten Dopamin-Hoch suchen – durch Social Media, übermässiges Essen oder andere süchtig machende Verhaltensweisen – kann unser Belohnungssystem durcheinandergeraten. Das Gehirn gewöhnt sich an immer grössere Reize und verlangt mehr, um das gleiche Glücksgefühl zu erzeugen. Ergebnis: Wir prokrastinieren, scrollen ziellos durch TikTok und fühlen uns trotzdem leer. Aber das ist nicht alles – Dopamin spielt auch eine Schlüsselrolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung verschiedener psychischer Erkrankungen: Schizophrenie: Hier ist Dopamin eher ein Überflieger, aber nicht im positiven Sinne. Eine Überaktivität im dopaminergen System, insbesondere in bestimmten Bereichen des Gehirns wie dem mesolimbischen System, wird mit Symptomen wie Halluzinationen und Wahnvorstellungen in Verbindung gebracht. Deshalb zielen viele antipsychotische Medikamente darauf ab, Dopaminrezeptoren zu blockieren und die Überstimulation zu dämpfen. Depression: Während bei Schizophrenie oft zu viel Dopamin das Problem ist, könnte es bei Depression das Gegenteil sein. Ein Mangel an Dopamin in bestimmten Hirnregionen – vor allem im Belohnungssystem – wird mit Anhedonie (der Unfähigkeit, Freude zu empfinden) und Antriebslosigkeit in Verbindung gebracht. Daher setzen einige neuere Ansätze zur Behandlung von Depressionen darauf, den Dopaminspiegel zu erhöhen. Sucht: Ob es um Alkohol, Drogen oder Smartphones geht – der Mechanismus dahinter ist ähnlich. Suchtverhalten kapert das natürliche Belohnungssystem des Gehirns und zwingt es, Dopamin in grossen Mengen auszuschütten. Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn jedoch daran, und die Dosis muss erhöht werden, um das gleiche „High“ zu spüren. Der Weg aus der Sucht bedeutet häufig, das Belohnungssystem langsam wieder ins Gleichgewicht zu bringen. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung): Hier sieht es ein wenig anders aus: Es wird angenommen, dass bei ADHS ein Mangel an Dopamin in bestimmten Bereichen des Gehirns – insbesondere im präfrontalen Kortex – vorliegt. Das kann erklären, warum Menschen mit ADHS Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren oder motiviert zu bleiben. Medikamente wie Methylphenidat (Ritalin) wirken, indem sie den Dopaminspiegel im Gehirn erhöhen und die Signalübertragung verbessern. Ein fragiles Gleichgewicht Dopamin im Gleichgewicht zu halten ist entscheidend – sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel können das Wohlbefinden beeinträchtigen. Der Schlüssel liegt darin, gesunde Gewohnheiten zu fördern und Überstimulation zu vermeiden. Bewusste digitale Pausen, ein strukturierter Alltag und ausreichend Erholung können helfen, das Belohnungssystem im Gleichgewicht zu halten. In manchen Fällen kann auch eine medizinische Unterstützung sinnvoll sein. Mit der richtigen Balance bleibt Dopamin ein Antrieb, der motiviert, statt uns psychisch zu destabilisieren. Wie Sie Dopamin auf gesunde Weise boosten können   Sie brauchen keine Hightech-Lösungen, um dazu beizutragen, Ihren Dopamin-Haushalt in Balance zu halten:   Bewegung: Sport, Spaziergänge oder Tanzen kurbeln die Dopaminproduktion an.   Erfolgserlebnisse: Setzen Sie sich kleine, erreichbare Ziele und feiern Sie Fortschritte.   Ernährung: Lebensmittel wie Bananen, Eier, Käse, Hülsenfrüchte, Magerquark und Mandeln liefern Tyrosin, einen Baustein für die Dopaminproduktion.   Musik: Hören Sie Ihre Lieblingssongs – das führt nachweislich zu gesteigerter Dopaminausschüttung.   Digital Detox: Legen Sie bewusste Pausen vom Smartphone ein, um das Gehirn wieder für Dopamin zu sensibilisieren.   Fazit: Dopamin - Ihr innerer Antriebsmotor   Dopamin ist mehr als ein blosser „Wohlfühl-Botenstoff“. Es spielt eine zentrale Rolle bei Motivation, Konzentration und der Verarbeitung von Belohnungen. Er beeinflusst, wie stark wir uns für Ziele engagieren und wie wir Fortschritte wahrnehmen. Während wir den Dopaminstoffwechsel nicht direkt kontrollieren können, gibt es positive Lebensgewohnheiten, die seine Wirkung unterstützen. Ein bewusster Umgang mit diesen Faktoren kann helfen, Motivation und Zufriedenheit auf natürliche Weise zu fördern. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Sertralin - kleiner Helfer, grosse Wirkung?

    In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen, was Sertralin ist, wie es wirkt, wofür es in der Schweiz verschrieben wird und worauf Sie achten sollten. Von Wirkung und Nebenwirkungen über Mythen bis hin zu Alltagstipps – alles, was Sie wissen müssen, bevor Sie dem kleinen Serotonin-Booster eine Chance geben. Vorweg: Was ist Sertralin überhaupt? Sertralin klingt ein bisschen wie ein exotisches Mineralwasser – ist aber tatsächlich ein Medikament aus der Gruppe der Antidepressiva . Genauer gesagt: ein SSRI – das steht für Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer . Das bedeutet: Sertralin sorgt dafür, dass im Gehirn mehr Serotonin zur Verfügung steht – ein Botenstoff, der unter anderem für Stimmung, Antrieb und Wohlbefinden wichtig ist. Und nein: Sertralin ist keine „Glückspille“. Sie macht nicht einfach künstlich fröhlich, sondern unterstützt das Gehirn dabei, wieder ins chemische Gleichgewicht zu kommen. Wann verschreibt man Sertralin? In der Schweiz wird Sertralin oft eingesetzt bei: Depressionen – von mittel bis schwer Angststörungen – zum Beispiel Panikattacken oder generalisierte Angststörung Zwangsstörungen (OCD) Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) Sozialen Phobien – wenn Smalltalk in der Kaffeepause wie ein Horrorfilm wirkt Manchmal auch bei anderen Indikationen, aber das wären dann „off-label“-Anwendungen – sprich: nicht offiziell zugelassen, aber medizinisch sinnvoll. Wie wirkt Sertralin genau? Stellen Sie sich Ihr Gehirn wie einen Bahnhof vor. Serotonin ist der freundliche Zugbegleiter, der gute Stimmung verteilt. Das Problem bei Depressionen und Ängsten: Der Zug fährt zwar, aber das Personal wird ständig zu schnell wieder eingesammelt. Sertralin sorgt dafür, dass der Serotonin-Zugbegleiter länger im Einsatz bleibt und mehr „gute Stimmung“ an die Passagiere verteilt. Das dauert allerdings: Erste positive Effekte merkt man oft nach 1–2 Wochen Die volle Wirkung entfaltet sich meist nach 4–6 Wochen Das ist normal – Medikamente für die Psyche sind keine Espressi. Wie nimmt man Sertralin ein? Meist startet man mit 25–50 mg pro Tag Je nach Wirkung und Verträglichkeit steigert man auf 50–200 mg täglich Einnahme am besten morgens – Sertralin kann aktivierend wirken Mit oder ohne Essen – ganz egal, Hauptsache täglich zur gleichen Zeit Wichtig: Keine Dosissprünge auf eigene Faust! Nebenwirkungen - das weniger glamouröse Kapitel Ja, Sertralin hat wie jedes Medikament mögliche Nebenwirkungen. Die häufigsten zu Beginn: Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden Kopfschmerzen Schlafstörungen oder seltsame Träume Anfangs gesteigerte Nervosität Verminderte Libido oder sexuelle Funktionsstörungen Die gute Nachricht: Viele dieser Effekte verschwinden nach den ersten Wochen . Falls nicht – reden Sie mit uns Ärzten. Oft kann man die Dosis anpassen oder auf ein anderes Präparat umstellen. Mythen & Missverständnisse „Antidepressiva machen abhängig.“ ❌ Nein. Sertralin verursacht keine Sucht . Allerdings sollte man es nicht abrupt absetzen , sondern langsam ausschleichen – sonst kann es Absetzsymptome geben (Schwindel, Kribbeln, Reizbarkeit). „Sertralin verändert meine Persönlichkeit.“ ❌ Nein. Ziel ist, dass Sie wieder Sie selbst werden – nur mit weniger depressiver Schwere oder lähmender Angst. „Ich muss es für immer nehmen.“ ❌ Nicht zwingend. Viele Patienten nehmen es 6–12 Monate nach Besserung weiter, um Rückfälle zu vermeiden. Manche länger, je nach Krankheitsverlauf. Sertralin und Alkohol - geht das? Offiziell: Besser nicht. Realistisch: Ein Glas Wein zum Geburtstag ist kein Drama, aber Regelmässigkeit und grosse Mengen sind keine gute Idee. Alkohol kann die Wirkung abschwächen und Nebenwirkungen verstärken – und psychisch eher zurückwerfen als helfen. Sertralin im Alltag - ein paar Tipps Geduld ist Teil der Therapie. Es dauert, bis sich die Wirkung entfaltet. Nicht nach einer Woche entmutigen lassen. Kombination wirkt oft am besten. Medikamente + Psychotherapie = höhere Erfolgsquote. Regelmässige Kontrolle. Die verordnenden Fachpersonen schauen, wie es Ihnen geht, passen die Dosis an und achten auf Nebenwirkungen. Keine Selbstexperimente. Dosieren, pausieren oder absetzen – bitte nur in Absprache mit Ihrer Fachperson. Auf Signale achten. Wenn es Ihnen plötzlich schlechter geht oder Sie suizidale Gedanken haben – sofort melden! Wann sollte man Sertralin nicht nehmen? Bei bekannter Allergie gegen den Wirkstoff In Kombination mit MAO-Hemmern (seltene ältere Antidepressiva) – das kann gefährlich werden Vorsicht bei schweren Lebererkrankungen Bei Schwangerschaft oder Stillzeit nur nach genauer ärztlicher Abwägung Ein kurzer Blick in die Studienlage Sertralin ist seit den 1990ern auf dem Markt – also kein Experiment. Studien zeigen: Es wirkt bei Depressionen und Angststörungen mindestens so gut wie andere SSRIs, und wird oft besser vertragen als ältere Antidepressiva. Besonders spannend: Manche Untersuchungen zeigen, dass Sertralin auch körperliche Symptome von Angststörungen – wie Herzrasen oder Magenprobleme – günstig beeinflussen kann. Das Fazit vom Psychiater Sertralin ist kein „Happy-Macher“, sondern ein seriöser, gut untersuchter Wirkstoff, der vielen Menschen aus Depressionen und Ängsten heraushelfen kann. Es wirkt nicht über Nacht, und es ist kein Ersatz für Gesprächstherapie oder Veränderungen im Alltag – aber es kann wie ein chemischer Stützpfeiler helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Mein Tipp: Sehen Sie Sertralin nicht als Zeichen von Schwäche, sondern als Werkzeug. Wenn Ihr Knie entzündet ist, nehmen Sie ja auch ein Medikament – warum also nicht, wenn’s um die Seele geht? Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Was Traumafolgestörungen mit dem Gehirn machen: Die Neurobiologie von PTBS und k-PTBS

    Traumafolgestörungen Teil 3/5 Traumatische Erlebnisse hinterlassen Spuren – und zwar nicht nur im Gedächtnis, sondern auch im Gehirn selbst. Doch was genau passiert da eigentlich? Und warum sind die Auswirkungen von PTBS und komplexer PTBS (k-PTBS) so vielschichtig? In diesem Beitrag schauen wir uns die Veränderungen im Gehirn genauer an. Die „Hotspots“ des Traumas: Amygdala, Hippocampus und präfrontaler Kortex Es gibt drei Bereiche im Gehirn, die besonders bei PTBS betroffen sind: Amygdala – das Angstzentrum Hippocampus – der Ordnungshüter der Erinnerungen Präfrontaler Kortex – die Steuerzentrale für Vernunft und Kontrolle Amygdala: Alarmanlage im Dauerbetrieb Die Amygdala ist quasi das emotionale Frühwarnsystem. Bei PTBS läuft sie auf Hochtouren. Sie reagiert übertrieben stark auf potentielle Gefahren und schickt das ganze System in Alarmbereitschaft – egal, ob echte oder vermeintliche Bedrohung im Spiel ist. Das Ergebnis: Schon kleine Auslöser können das Gefühl von Angst und Panik hervorrufen. Das erklärt, warum Betroffene oft schreckhaft sind und sich ständig „wachsam“ fühlen. Hippocampus: Wenn Erinnerungen aus dem Rahmen fallen Normalerweise sorgt der Hippocampus dafür, dass Erlebnisse sauber abgelegt und zeitlich eingeordnet werden. Nach Traumata kann der Hippocampus schrumpfen oder schlechter arbeiten. Erinnerungen an das Trauma werden dann wie lose Puzzlestücke gespeichert und tauchen unvermittelt auf – Flashbacks sind das auffälligste Symptom. Gleichzeitig fällt es schwer, neue positive Erfahrungen richtig abzuspeichern, was die Belastung zusätzlich erhöht. Präfrontaler Kortex: Steuerung ausser Kraft Der präfrontale Kortex hilft normalerweise, Gefühle zu regulieren und Impulse zu kontrollieren. Doch bei PTBS und besonders bei k-PTBS ist hier oft „Funkstille“. Emotionale Reaktionen steuern dann eher die Amygdala und weniger das rationale Gehirn. Dadurch fällt es schwerer, sich zu beruhigen, die Kontrolle zu behalten oder Distanz zu beängstigenden Erinnerungen herzustellen. Im Falle der k-PTBS wirkt sich das besonders auf zwischenmenschliche Beziehungen, Selbstbild und Affektregulation aus. Stresshormone und Vernetzung Traumafolgen sind aber mehr als ein „Alarmproblem“. Im Gehirn sorgt anhaltender Stress durch PTBS und k-PTBS oft für ein Übermass bestimmter Stresshormone wie Cortisol. Das beeinflusst wiederum die Funktion und Struktur von Nervenzellen. Über längere Zeit verändert sich so die Architektur der Hirnregionen: Manche Areale werden kleiner, andere – wie die Amygdala – wachsen sogar. Die Balance zwischen den verschiedenen Netzwerk-Systemen im Gehirn verschiebt sich, was die Regulation von Gefühlen, Aufmerksamkeit und Gedächtnis erschwert. Einfluss auf das Netzwerk für Bindung und Identität (k-PTBS) Bei k-PTBS ist nicht nur die Verarbeitung von Angst und Erinnerung betroffen. Auch Netzwerke, die für Bindung, Selbstbild und Emotionssteuerung wichtig sind, geraten aus dem Gleichgewicht. Das macht sich bemerkbar in starker innerer Unsicherheit, Problemen mit Nähe und Distanz und häufigen Gefühlsausbrüchen. Die Betroffenen erleben sich oft als "fremd im eigenen Leben" oder fühlen sich wie abgeschnitten von sich selbst und anderen. Kann sich das Gehirn wieder erholen? Die erfreuliche Nachricht: Unser Gehirn ist anpassungsfähig! Mit gezielter Therapie und Unterstützung können viele der beschriebenen Veränderungen rückgängig gemacht oder abgemildert werden. Neue neuronale Verbindungen entstehen, und das Stresssystem kann herunterfahren. Auch wenn der Heilungsweg oft lang ist, lohnt es sich dranzubleiben und Unterstützung anzunehmen. Fazit: PTBS und k-PTBS gehen mit "echten", grundsätzlich messbaren Veränderungen im Gehirn einher. Das Verständnis für diese Prozesse kann Betroffenen helfen, besser mit ihren Symptomen umzugehen und Hoffnung auf Besserung zu schöpfen. Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Wenn das Erlebte krank macht: Wie wird eine PTBS oder k-PTBS diagnostiziert?

    Traumafolgestörungen Teil 2/5 Manchmal liegt das Trauma schon Jahre zurück. Aber der Körper reagiert, als wäre es gerade eben passiert. Geräusche, Gerüche oder Orte können Trigger sein – und plötzlich ist man wieder mittendrin. Für viele Betroffene ist das der Alltag mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) – oder der komplexen Variante (k-PTBS) . Doch wie findet man eigentlich heraus, ob es sich wirklich um eine PTBS handelt? Heute geht’s um Diagnostik und Differentialdiagnostik – ein verständlicher Einblick für alle, die selbst betroffen sind, jemanden begleiten oder einfach mehr wissen möchten. Es beginnt mit Zuhören - aber richtig Wer eine traumatische Erfahrung gemacht hat, trägt oft ein ganzes Paket aus Erinnerungen, Gefühlen und körperlichen Reaktionen mit sich herum. Viele Betroffene haben längst versucht, „damit klarzukommen“ – manche jahrelang, ohne je über das Erlebte gesprochen zu haben. Darum beginnt eine traumasensible Diagnostik nicht mit bohrenden Fragen, sondern mit einem behutsamen Gespräch : Was ist passiert – und was hat es mit Ihnen gemacht? Dabei interessiert sich die Fachperson vor allem für zwei Dinge: Welche Erlebnisse waren eindeutig überfordernd oder lebensbedrohlich? (z. B. Gewalt, Missbrauch, schwere Unfälle, Krieg, Flucht, Ohnmachtssituationen) Und wann im Leben gab es längere Phasen von Unsicherheit, Angst oder Kontrollverlust? (etwa durch emotionale Vernachlässigung in der Kindheit, Mobbing, instabile Beziehungen oder chronische Belastung) Manchmal hilft es, gemeinsam eine Lebenslinie zu zeichnen – eine Art Zeitstrahl mit Höhen und Tiefen. Dabei kann sichtbar werden: Wann erste Symptome aufgetreten sind (z. B. Schlafstörungen, Rückzug, Flashbacks) Ob es eine Zeit „davor“ gab, in der man sich stabiler gefühlt hat Und wie sich die Belastungen im Laufe der Jahre entwickelt haben Wichtig zu wissen: Niemand muss sein Innerstes auf Anhieb auspacken. Viele Menschen erzählen beim ersten Gespräch nur das, was sie gerade aushalten können – und das ist völlig in Ordnung. Gute Diagnostik respektiert Grenzen und schafft einen sicheren Raum, in dem nichts muss. Fragebögen & Interviews: Mehr als nur Kreuzchen Um ein möglichst klares Bild zu bekommen, nutzen Psychotherapeut*innen oft strukturierte Fragebögen. Das klingt vielleicht trocken, ist aber in Wahrheit eine riesige Hilfe – denn viele Menschen haben gar nicht auf dem Schirm, was alles mit dem Trauma zusammenhängen kann. Einige dieser Werkzeuge: PCL-5 : 20 Fragen zu typischen PTBS-Symptomen. Gut verständlich, schnell ausfüllbar. ITQ : Fragt gezielt nach den Merkmalen der komplexen PTBS (also z. B. Probleme mit Gefühlen, Selbstwert, Beziehungen). CAPS-Interview : Wird von Profis durchgeführt, dauert etwas länger, ist aber dafür sehr genau. Wichtig: Ein Fragebogen ersetzt nie das Gespräch. Aber er hilft, Symptome sichtbar zu machen, die im Alltag oft untergehen – wie Schlafstörungen, emotionale Taubheit oder extreme Schreckhaftigkeit. Ist das jetzt PTBS - oder etwas anderes? Jemand hat Albträume, ist ständig angespannt, hat Schuldgefühle und zieht sich zurück. Klingt nach PTBS, oder? Könnte aber auch eine Depression sein. Oder eine Angststörung. Oder ein ganz normaler Trauerprozess. Darum machen Fachpersonen eine sogenannte Differentialdiagnostik. Das bedeutet: Was spricht für PTBS oder k-PTBS? Was spricht eher für eine andere Diagnose? Oder: Gibt es vielleicht mehrere Probleme gleichzeitig? Hier ein paar häufige Verwechslungskandidaten : Mögliche Diagnose Unterschied zur PTBS Depression Keine Flashbacks oder Reaktionen auf Trigger Angststörung Angst eher „allgemein“, nicht trauma-spezifisch Borderline-Persönlichkeitsstörung Starke Impulsivität & instabile Beziehungen seit der Adoleszenz Trauerreaktion Zentrum ist der Verlust – nicht das Erleben von Gefahr Dissoziative Störung Zeitlücken, Gefühl von „nicht ich sein“ stärker ausgeprägt Das Ganze ist wie Puzzeln – nur mit sehr feinfühligen Teilen. Manchmal braucht es mehrere Sitzungen, manchmal auch andere Fachmeinungen. Wichtig ist: Gut Ding will Weile haben – vor allem bei der Seele . Und was bringt die ganze Mühe? Ganz einfach: Je klarer die Diagnose, desto besser lässt sich helfen. Denn die Therapie bei einer „klassischen“ PTBS sieht oft anders aus als bei einer komplexen PTBS. Bei PTBS stehen oft gezielte Konfrontation und Verarbeitung im Fokus (z. B. EMDR oder Traumaexposition). Bei k-PTBS geht es zuerst darum, überhaupt wieder innere Stabilität und Selbstwert aufzubauen – bevor man sich ans Trauma wagt. Ausserdem: Eine exakte Diagnose kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden („ Sie sind halt sensibel “ – nein, das hat andere Ursachen!). Sie schafft Zugang zu Unterstützung – sei es durch Therapie, Sozialberatung oder Anerkennung im Renten- oder Versicherungssystem. Und nicht zuletzt: Es entlastet . Viele Menschen atmen regelrecht auf, wenn das, was sie erleben, endlich einen Namen bekommt. Fazit: Genau hinschauen lohnt sich Die Diagnose einer PTBS (oder k-PTBS) ist ein Prozess – manchmal ein längerer. Aber es lohnt sich. Denn wer einmal wirklich verstanden wurde, kann sich auch besser selbst verstehen. Wenn Sie gerade an dem Punkt stehen, wo Sie sich fragen, „Ist das, was ich erlebe, noch normal?“ – dann sind Sie nicht allein. Und es ist völlig in Ordnung, sich Hilfe zu holen. Im nächsten Teil schauen wir uns an, was bei der PTBS (oder k-PTBS) im Gehirn passiert . Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Traumafolgestörungen: Teil 1/5

    Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens ein oder mehrere potenziell traumatische Ereignisse – also Situationen, die erschüttern, überfordern und die eigene innere Stabilität tief ins Wanken bringen können. Während manche solche Erfahrungen mit der Zeit verarbeiten, entwickeln andere daraus sogenannte Traumafolgestörungen. Diese können das Leben nachhaltig beeinflussen – emotional, körperlich, sozial. In diesem ersten Teil meiner Serie schauen wir genauer hin: Was ist überhaupt eine Traumafolgestörung? Wie unterscheiden sich die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und die komplexe Traumafolgestörung (k-PTBS) ? Und wie häufig sind sie in der Schweiz? Was ist ein psychisches Trauma? Ein psychisches Trauma entsteht durch ein Ereignis, das als lebensbedrohlich, extrem beängstigend oder ohnmächtig machend erlebt wird – etwa ein schwerer Unfall, Gewalt, Missbrauch, Naturkatastrophen oder Krieg. Auch Vernachlässigung in der Kindheit oder der plötzliche Verlust einer nahestehenden Person können traumatisch wirken, wenn sie die emotionale Verarbeitung überfordern. Nicht jede Person entwickelt nach einem Trauma eine psychische Störung. Wenn das Erlebte aber so tief nachwirkt, dass das Sicherheitsgefühl dauerhaft erschüttert ist, sich Symptome einstellen und der Alltag massiv beeinträchtigt wird, spricht man von einer Traumafolgestörung. Zwei Hauptformen: PTBS und komplexe PTBS Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist die bekannteste Form einer Traumafolgestörung. Sie wurde bereits in der ICD-10 – der internationalen Klassifikation von Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – beschrieben. Mit der Einführung der ICD-11 (die seit 2022 schrittweise in der Schweiz umgesetzt wird) kam eine zweite Form hinzu: die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (k-PTBS). Die "klassische" PTBS tritt meist nach einem einzelnen traumatischen Ereignis auf – zum Beispiel nach einem Überfall, einem Verkehrsunfall oder einer Vergewaltigung. Die wichtigsten Symptome sind: Wiedererleben (Intrusionen): Flashbacks, Albträume oder plötzliche Erinnerungen, bei denen das Trauma emotional erneut durchlebt wird. Vermeidung: Alles, was an das Erlebte erinnert, wird gemieden – seien es Orte, Menschen oder Gespräche. Anhaltende Übererregung: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme, Schreckhaftigkeit – der Körper bleibt im "Alarmmodus". Negative Veränderungen in Stimmung und Denken: Gefühle von Schuld, Scham, Misstrauen oder Entfremdung gegenüber anderen. Diese Symptome müssen über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen bestehen, um als PTBS zu gelten. Die komplexe PTBS betrifft vor allem Menschen, die über längere Zeit und wiederholt traumatisiert wurden – etwa durch langanhaltenden sexuellen Missbrauch, emotionale Vernachlässigung in der Kindheit oder andauernde häusliche Gewalt. Zusätzlich zu den oben genannten PTBS-Symptomen treten hier drei weitere Kernmerkmale auf: Störungen in der Emotionsregulation – etwa Wutausbrüche, plötzliche Gefühlsleere oder das Gefühl, von Emotionen überwältigt zu werden. Ein tiefgreifend negatives Selbstbild – Gefühle von Wertlosigkeit, Scham, Schuld oder das Empfinden, "grundlegend falsch" zu sein. Chronische Beziehungsprobleme – Schwierigkeiten, Vertrauen zu fassen, Nähe zuzulassen oder stabile Beziehungen aufzubauen. Diese Form der Traumafolgestörung ist oft schwerer zu erkennen, weil ihre Auswirkungen nicht nur das Erleben des Traumas betreffen, sondern auch das Selbstbild, die Gefühlswelt und die Beziehungsfähigkeit eines Menschen tiefgreifend verändern können. Es müssen also eine Reihe von anderen diagnostischen Kategorieren miterwogen werden. Unterschiede zwischen ICD-10 und ICD-11 In der ICD-10 wurde nur die "klassische" PTBS beschrieben. Viele Betroffene mit komplexeren Verläufen passten damit nicht ganz ins Raster – was auch therapeutisch problematisch war. Die ICD-11, die seit einiger Zeit in der Schweiz eingeführt wird, unterscheidet nun klar zwischen PTBS und komplexer PTBS. Das ist ein wichtiger Schritt, um Leidenswege besser zu verstehen – und gezielter zu behandeln. Wie häufig sind Traumafolgestörungen in der Schweiz? Laut Studien liegt die Lebenszeitprävalenz für PTBS in der Schweiz bei etwa 3 bis 4 Prozent. Das heisst, dass rund jede 25. Person im Laufe ihres Lebens eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Nach besonders schweren Traumata – etwa sexueller Gewalt oder Kriegsereignissen – liegt die Wahrscheinlichkeit deutlich höher: Zwischen 25 und 35 Prozent der Betroffenen entwickeln eine PTBS. Zahlen zur komplexen PTBS liegen derzeit noch nicht flächendeckend vor, da die Diagnose relativ neu ist. Internationale Studien deuten aber darauf hin, dass diese Form besonders häufig bei Menschen vorkommt, die über lange Zeiträume chronischen Belastungen ausgesetzt waren – oft schon in der Kindheit. Fazit Eine Traumafolgestörung ist eine seelische Reaktion auf extreme Belastung. Sie kann das Leben tiefgreifend beeinflussen, aber sie ist behandelbar. Entscheidend ist, dass Betroffene verstanden und ernst genommen werden – und Zugang zu fachlicher Hilfe bekommen. Im nächsten Teil unserer Serie geht es um die Frage: Wie wird eine Traumafolgestörung eigentlich diagnostiziert? Disclaimer:  Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

  • Herzlich Willkommen auf meinem Blog!

    Wahrscheinlich haben Sie gerade den ersten Schritt gemacht, um sich mit Ihrer seelischen Gesundheit auseinanderzusetzen – das ist grossartig! Manchmal braucht es einfach einen frischen Blick, eine neue Perspektive oder auch eine kleine Unterstützung, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Genau darum geht es hier auf meinem Blog: Ich möchte Ihnen in loser Folge spannende, aufschlussreiche und manchmal auch ein bisschen überraschende Themen rund um seelische Gesundheit näherbringen. Was dürfen Sie hier erwarten? Spannende Einblicke in Themen wie Stressbewältigung, Depression, Achtsamkeit oder Schlafprobleme – immer nah dran an der Praxis und mit einem Blick auf die kleinen Dinge, die im Alltag oft einen grossen Unterschied machen. Zudem gibt es eine FAQ-Sektion, im Rahmen derer ich auf häufig gestellte Fragen eingehen werde.   Ob Sie sich einfach informieren wollen, Inspiration suchen oder einen neuen Blickwinkel auf Ihre Gedanken und Gefühle bekommen möchten – hier sind Sie genau richtig. Also: Machen Sie es sich gemütlich, klicken Sie sich durch die Beiträge und lassen Sie uns gemeinsam über psychische Gesundheit sprechen – unverkrampft, verständlich und auf Augenhöhe.   Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen! Dr. med. Lienhard Maeck, MHBA Psychiatrie und Psychotherapie FMH

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