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ADHS - die Kunst, gleichzeitig alles zu wollen

  • Autorenbild: Dr. med. Lienhard Maeck
    Dr. med. Lienhard Maeck
  • 19. Jan.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Feb.

Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) ist eine der häufigsten neurobiologischen Entwicklungsstörungen, die sowohl Kinder als auch Erwachsene betreffen kann. Die Störung ist durch eine Kombination von Symptomen wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität gekennzeichnet, die in verschiedenen Lebensbereichen erhebliche Auswirkungen auf das alltägliche Funktionieren haben können.

Was ist ADHS?

ADHS ist eine Störung der Hirnfunktion, die entweder angeboren ist oder sich kurz nach der Geburt entwickelt. Sie manifestiert sich vor allem in drei Kernbereichen: Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Dabei ist wichtig zu wissen: Nicht jeder Mensch mit ADHS zeigt alle Symptome gleichermassen. Manche haben vor allem Probleme, sich zu konzentrieren, während andere durch ihre Rastlosigkeit auffallen. Anhand dieser unterschiedlichen Ausprägungen lassen sich grob folgende drei Subtypen unterscheiden:


  • Vorwiegend unaufmerksamer Typ ("Träumer"),

  • Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ ("Wirbelwind"),

  • Kombinierter Typ (die "bunte Mischung").

Wie häufig ist ADHS in der Schweiz?

In der Schweiz sind etwa 4-5 % der Kinder und Jugendlichen von ADHS betroffen. Das bedeutet: In einer durchschnittlichen Schulklasse mit 20 Schüler:innen hat mindestens ein Kind ADHS. Bei Erwachsenen liegt die Häufigkeit niedriger, etwa bei 2-3 %, da sich die Symptome im Laufe des Lebens oft abschwächen - oder sich anders ausdrücken. Das heisst also nicht unbedingt, dass ADHS "weggeht" – viele Betroffene müssen auch als Erwachsene noch Strategien finden, um ihren Alltag zu meistern.

Ein Blick ins Gehirn

ADHS ist keine Erziehungsfrage oder ein Modephänomen, sondern eine biologisch bedingte Störung. Studien zeigen, dass die Gehirnstruktur und -funktion bei Menschen mit ADHS anders ist. Besonders betroffen sind die Regionen, die für Impulskontrolle, Planung und Aufmerksamkeit verantwortlich sind. Der Neurotransmitter Dopamin, der für Motivation und Belohnung eine wichtige Rolle spielt, arbeitet bei ADHS-Betroffenen nicht optimal. Das erklärt, warum sie oft Schwierigkeiten haben, Aufgaben zu Ende zu bringen – vor allem, wenn diese langweilig oder monoton sind.

Symptome, die den Alltag prägen

Menschen mit ADHS können eine unglaubliche Energie haben, blitzschnell denken und kreativ sein. Doch diese "Superkräfte" kommen oft mit Herausforderungen:


  • Vergesslichkeit: Der Schlüssel bleibt in der Haustür, der Geburtstag der besten Freundin wird übersehen.

  • Ablenkbarkeit: Ein Vogel am Fenster reicht, um die Aufmerksamkeit komplett vom Schulstoff abzuziehen.

  • Ungeduld: Warten? Bloss nicht!

  • Impulsivität: Spontane Entscheidungen, die nicht immer durchdacht sind.


Für Eltern, Lehrpersonen und Arbeitgeber:innen kann das herausfordernd sein. Doch mit Verständnis und geeigneten Massnahmen lässt sich der Alltag erleichtern.

Diagnose und Therapie

Die Diagnose von ADHS ist komplex. Es gibt keinen Bluttest oder MRT-Scan, der ADHS nachweist. Stattdessen basiert die Diagnose auf Gesprächen, Fragebögen und Verhaltensbeobachtungen. Wichtig ist, dass andere Ursachen wie Angststörungen oder Schlafprobleme ausgeschlossen werden. Zur Behandlung stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:


  • Psychoedukation: Wissen ist Macht! Betroffene und ihre Familien lernen, wie ADHS funktioniert und wie sie damit umgehen können.

  • Verhaltenstherapie: Hier werden Strategien für den Alltag erarbeitet, z. B. wie man sich besser organisiert.

  • Medikamente: Stimulanzien wie Methylphenidat (bekannt als Ritalin) helfen vielen Betroffenen, ihre Symptome zu kontrollieren. Die Entscheidung für oder gegen Medikamente sollte jedoch individuell getroffen werden.

  • Coaching: Gerade für Erwachsene kann ein ADHS-Coach eine wertvolle Unterstützung sein.

Ein Leben mit ADHS: Herausforderung, aber auch Chance

ADHS bringt Hürden mit sich, keine Frage. Aber es bringt auch einzigartige Stärken: Kreativität, Begeisterungsfähigkeit, Flexibilität und Innovationsgeist. Viele prominente Persönlichkeiten wie Michael Phelps, Simone Biles oder Will Smith sprechen offen darüber, wie ADHS ihr Leben geprägt hat – positiv wie negativ. Für die Gesellschaft ist es wichtig, ADHS besser zu verstehen und Vorurteile abzubauen. Denn: Mit der richtigen Unterstützung und einem offenen Umgang kann ADHS eine Superkraft sein, die das Leben bereichert – für die Betroffenen selbst und für alle um sie herum.

Fazit

ADHS ist mehr als nur "zappelig" sein oder etwas zu vergessen. Es ist eine komplexe Störung, die viele Facetten hat – aber auch viele Möglichkeiten bietet. Mit Wissen, Verständnis und der richtigen Hilfe kann ein Leben mit ADHS nicht nur gemeistert, sondern auch in vollen Zügen gelebt werden.

Disclaimer: Dieser Blogbeitrag dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten.

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